Er ist doch noch ein Baby!

Ich stehe in meiner Küche und genieße den Moment, in dem ich meine Tochter in den Armen halte. Als Teenager findet man seine Mutter öfter doof als dass man sie umarmen möchte.
Nach einer Weile sagt sie: „Du tust es schon wieder“.
Ich weiß genau was sie meint. Ich kann nicht anders, es scheint ein Reflex zu sein. Halte ich eines meiner Kinder im Arm muss ich sie einfach schunkeln…
„Du bist halt mein Baby“ sage ich und meine damit „ich liebe meine Familie mehr als alles andere auf der Welt“, „in meinen Armen wirst Du immer Geborgenheit finden“ und „egal was passiert, zu mir kannst Du immer kommen“.
Als Teenager versteht sie aber eher „Du bist klein, hilflos und ich traue Dir nichts zu“ oder so etwas und ist etwas empört, weil sie schließlich kein Baby mehr ist.

Etwas später sitze ich am Rechner und scrolle mich durch Facebook-Hundegruppen.
Jemand fragt etwas wie „mein Hund ist 20 Wochen alt und kommt nicht wenn ich rufe, was soll ich tun“ und bekommt zur Antwort: „Dein Hund muss doch noch nicht gehorchen, er ist doch noch ein Baby!“
„Ein Riesenbaby“ denke ich, habe meine Tochter vor Augen und frage mich:

Ab wann ist ein Hund eigentlich kein Baby mehr?
Meine Suche bei Google hat mir diese Frage tatsächlich nicht beantworten können und deshalb widme ich meinen Beitrag für heute dieser Frage.

Ein Hund ist bis zu seiner 16. Lebenswoche ein Welpe.

Danach gilt er als Junghund. Es gibt auch Leute, die den Hund bis zu seinem ersten Geburtstag als Welpe ansehen, das passt aber meiner Meinung nach weder zu seinem Aussehen (Welpen sind doch irgendwie Hunde, die aussehen wie ganz junge Hunde), noch zu der üblichen Verwendung dieses Begriffes für andere Tiere, zum Beispiel Wölfe oder Füchse.
Aber selbst von seinem ersten Lebenstag bis zur 16. Woche macht ein Welpe so eine gewaltige Entwicklung durch, dass es im Prinzip nicht gerechtfertigt ist, das alles unter einen Namen zusammenzufassen. Es finden sich im Internet viele Seiten, auf denen die Entwicklungsphasen beschrieben werden. Von der Vegetativen Phase bis zur Pubertät erfährst Du, wann sich Dein Hund wie entwickelt aber nicht, ab wann er kein Baby mehr ist.
Deshalb bleibt mir wohl nur der Vergleich mit Menschen, doch das ist gar nicht so einfach, schließlich sind wir doch sehr verschieden. Man kann eigentlich nur „Meilensteine“ in der Entwicklung vergleichen.

Der Zahnwechsel

Der Zahnwechsel beginnt bei einem Welpen im Alter von 16 Wochen.
Ein Kind verliert seine ersten Zähne ungefähr um seinen 6. Geburtstag herum.
Mit 6 Jahren kommt ein Kind schon in die Schule.
Es ist in diesem Alter ein kleines Kind, aber auch schon kein Kleinkind mehr. Es ist zu Hause und in anderen bekannten Umgebungen ein aufgeweckter Springinsfeld, in der Fremde aber oft zurückhaltend und Fremden gegenüber gern zurückhaltend. Es ist sehr neugierig und wissenshungrig und saugt alles Neue in sich auf.
So waren meine Kinder in diesem Alter und genauso sind alle meine Hunde im Alter von 16 Wochen auch gewesen.
Ich denke also, dass man das vergleichen könnte:
Ein Welpe im Alter von 16 Wochen entspricht ungefähr einem Kind um den 6. Geburtstag und wäre damit schon lange kein Baby mehr.

Laufen lernen

Für einen Menschen gilt der erste Geburtstag als Übergang vom Baby zum Kleinkind. Um herauszufinden, ab wann ein Hund kein Baby mehr ist, würde ich den Entwicklungsstand eines Kindes um seinen ersten Geburtstag also gern mit dem eines Welpen vergleichen, aber das ist auch gar nicht so einfach.
Um den ersten Geburtstag herum lernt der Mensch das Laufen.
Allerdings auf zwei Beinen, was sicherlich schwieriger ist als das Laufen auf vier Pfoten. Welpen jedenfalls verlassen im Alter von vier Wochen die Wurfkiste um die Umgebung zu erkunden. Sind dann allerdings schon schnell viel mobiler als ein Mensch.

Feste Nahrung

Im Alter von ungefähr vier Wochen können Welpen damit beginnen, auch anderes Futter zu fressen. Einem Baby geben wir ab dem vierten Monat den ersten Brei.

Mit sechs bis sieben Wochen setzt die Hündin ihre Welpen dann ab, sie lässt sie also keine Milch mehr trinken.
Ich finde, dass das ein großer Meilenstein in der Entwicklung eines Säugetieres ist. Menschen verhalten sich in dieser Beziehung zwar etwas merkwürdig, schließlich trinken viele ihr Leben lang Milch und das sogar von anderen Tierarten.
Gestillt werden aber die wenigsten Kinder noch, wenn sie ihren ersten Geburtstag feiern.
Deshalb würde ich sagen, dass man das Absetzen als Übergang vom Baby zum Kleinkind sehen kann.

Dein Welpe, ein Hundebaby?

Zieht Dein Welpe bei Dir ein, ist er also zwar noch klein, süß und tapsig, aber höchst wahrscheinlich kein Baby mehr, sondern bereits ein Kleinkind.
Ich glaube, dass die Hundemutter das auch so sieht, denn im Alter von sieben Wochen werden die Welpen auch von ihr nicht mehr so bemuttert wie zu Beginn. Sie verlässt ihren Wurf und kümmert sich um andere Dinge und oft wirkt sie auch schon etwas genervt von der Rasselbande.
Ich kann das verstehen: Obwohl ich meine Kinder liebe, war ich doch auch froh darüber, wenn sie im Kindergarten waren.

Früherziehung: Frustrationstoleranz

Die Hundemutter hat auch schon lange mit der Erziehung begonnen.
Dein Welpe hat seine ersten Lektionen zum Umgang mit anderen Hunden und Menschen gelernt, seine Mutter hat ihre Welpen alleine gelassen und sie hat ihnen schon beigebracht, dass sie nicht immer die erste Geige spielen und ihre Bedürfnisse nicht immer sofort erfüllt werden.
Frustrationstoleranz nennt man das, also das Ertragen können des Frustes, der sich einstellt, wenn ein Bedürfnis gerade unerfüllt bleibt.

Die Fähigkeit, Frust aushalten zu können, ist sehr wichtig, sowohl für Menschen, als auch für Welpen.
Ich glaube aber, dass es uns leichter fällt, das unseren Kindern als unserem Hund beizubringen. Schließlich bekommen die meisten Kinder die Tafel Schokolade nicht, wenn sie sich im Laden auf den Boden fallen lassen und schreien.
Und wenn meine Kinder nach mir riefen, bin ich nicht nass und eingeseift aus der Dusche gesprungen, nur um mir einen Turm aus Legosteinen anzusehen.
Aber es gibt Leute, die nicht einmal auf die Toilette gehen können, ohne die Tür zu schließen, wenn sie einen Welpen haben. Weil man ein Baby nicht einfach alleine lassen kann.

Vielleicht fällt es Dir ja etwas leichter Deinen Welpen auch mal warten zu lassen und ihn gleich daran zu gewöhnen, nicht permanent umsorgt zu werden wenn Du daran denkst, dass Du kein Baby alleine lässt (das fühlt sich wirklich gemein an), sondern ein Kleinkind erziehst und dass Du, wenn Du Deinem Welpen jemanden Wunsch gleich erfüllst, die mühsame Arbeit der Mutter wieder zunichte machst?

Falls Du übrigens eine Quelle findest, die mir meine Frage sicher beantworten kann, würde ich mich darüber freuen, wenn Du sie mir nennen würdest. Meine Versuche, Hund und Kind miteinander zu vergleichen, entbehren schließlich jeder wissenschaftlichen Grundlage und ich würde gern erfahren, wann ein Welpe „offiziell“ kein Baby mehr ist.

 

 

Quelle: Das Beitragsbild stammt von Sarah Richter auf Pixaby

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